Reise. Abstraktes Bild.
Erfahrungen

Gefühle malen – Spannung loslassen

Gefühle in Bildern auszudrücken, kann helfen Spannung aus dem Körper zu entlassen, die in Form von Gefühlen in uns gespeichert ist. Egal, wie das Bild am Ende aussieht, lässt der Prozess einen leichter werden. Etwas kann freigelassen werden, ohne sich der überbordenden Gefühle im Ganzen zu entledigen. Das verarbeitete Gefühl wird weniger erdrückend; im Nachhinein ist es nicht mehr beschwerend, aber in ausgelagerter Form und Farbe weiter vorhanden. Der Überintensität des Gefühls wird Ausdruck verliehen; statt den Versuch zu unternehmen sie zu bekämpfen oder zu verjagen, kann sie auf Papier existieren. Manchmal gewinnen früher blöd empfundene Bilder mit der Zeit mehr subjektive Schönheit, weil sie die Erinnerung an etwas nicht weiter Bedrohliches, etwas Verarbeitetes bilden. Andersherum kann ein früheres Lieblingsbild durch seine Symbolik und verbundene Assoziationen mit der Zeit an persönlicher Resonanz verlieren, weil sich die eigene Perspektive verändert. In jedem Fall kommt durch das freie Malen etwas von Innen nach Außen, entschwert und wird dabei sichtbar. Ein Wert entsteht und Freiheit setzt ein.

Ein buntes Bild

Der Anfang bunter Bilder

Mein erstes Gefühlsbild war ein Wutventil. Die Wut war kreativ und erhebend genug, um alte Skizzen gelb zu umranden. Trotz ihres schlechten Images war die Wut weder böse noch zerstörerisch, sondern eine starke, lebenserweckende Kraft. Als ich mit der gelben Farbe der Wut fertig war, kamen andere Farben an die Reihe. In meinem Schwung fragte ich mich nicht, warum oder was ich malte. Beim Gefühlemalen geht es nicht um Resultate. Zwar ist es erfreulich, ein hübsches Werk zu erblicken, aber genauso gut kann das Ergebnis hässlich und abstoßend anmuten. Selbst dann gibt es ein genaues subjektives Abbild der persönlichen Zeit, in der es entstand. Der Wert dieses Abbilds hängt an dem Prozess des Malens und der Verarbeitung der Themen, die während des Malens stattfand.

Experiment

Flächen und Farben

Mit der Zeit werden Material und Farben vertrauter und die Bilder interessanter und ausdrucksstärker.

Ein Mensch

Familie

Ein Mensch ist die Momentaufnahme einer emotionalen Reaktion auf Gedanken in meinem Kopf zu einer Person. Langsam entwickelt sich ein eigener Ausdruck.

Zwei Menschen

Liebe

Zwei Menschen sind voneinander abgegrenzt und besitzen unterschiedliche Ordnung und Farben. Die Struktur des Bildes erscheint mir im Nachhinein grob. Ich fühle mich mehr zu der ruhigen grünen Seite hingezogen, als ich es in Erinnerung habe. Die orange Seite erscheint mir zu unruhig. Würde ich das Bild noch einmal malen, sähe es anders aus. Die Bedeutung hängt an dem Moment der Entstehung.

Müdigkeit

Müde. Abstraktes Bild.

Müdigkeit oder das Roboterbild, wie man es auch nennen könnte, sticht aus meinen Werken durch seine flächenhafte Monotonie und Berechenbarkeit hervor. Ein müder Geist kann ein flächiges Bild vertragen, das wenig Aufregung und Unruhe in sich trägt. Dafür hat es etwas Lebloses und Maschinelles. Wurde es wirklich von einem Menschen gemalt? Es könnte genauso gut ein Druck sein.

Angst und Erleichterung

Angst und Erleichterung. Abstraktes Bild.

Angst und Erleichterung ist in vielerlei Hinsicht eher abstoßend. Weder Farbe, Struktur, Technik noch Form ist angenehm anzusehen. Besonders abstoßend ist das dreckige Fahlgelb. Einzig bestechend an dem Bild sind die wenigen Regionen klarer und starker Farbe. Der merkwürdige Kreis in der Mitte war ein Produkt von Ratlosigkeit darüber, was ich malen sollte, oder sogar noch etwas altes Begonnenes auf dem Papier. Erscheinung und Thema des Bildes liegen eng beieinander. Erleichterung ist in diesem Fall keine graziöse Angelegenheit, sondern das erschreckte Aufwachen aus einem schweißtreibenden Alptraum und die darauffolgende Erholung, verfolgt von den Schatten der Angst. Zum Vorteil des Bildes mag gesagt sein, dass zumindest diese Hässlichkeit nicht mehr in mir existiert.

Arztbesuch

Arztbesuch. Abstraktes Bild.

Dieses Bild verkörpert aufgepeitschte Emotionen. Ich finde die Farben nicht so eklig, wie ich sie mir vorstellen könnte. Die einzige für mich Stärke vermittelnde Farbe ist Gelb und das Gelb ist an den Rand gedrängt, wo es außerhalb jeglicher Harmonie mit dem Rest des Bildes existiert. Ich finde das Bild farblich relativ beruhigend, aber in Ausführung so fern von Ruhe, dass ich es nicht an meine Wand hängen würde. Wäre ich auf der Suche nach Aufregung, würde ich dieses Spannungsfeld von Bild mehr schätzen. Aber so wie es ist und entstand, ist es mir zu aufwühlend und seine Art zu offensiv, um gefällig zu sein oder mich damit auseinandersetzen zu wollen. Zur Verteidigung des Werkes kann ich jedoch anbringen, dass es mir wesentlich besser gefällt als es das früher tat – was ein gutes Zeichen ist, da ich es jetzt ertragen kann; ihm etwas (kleines) Positives abgewinnen kann – und damit seiner Bedeutung besser ins Auge schauen kann als zuvor. Ein problematisches Gefühlsbild – egal wie hässlich seine Erscheinung – ist nur ein solches, welches in seinem Inhalt unverarbeitet und daher unerträglich ist.

Ungerechtigkeit

Ungerechtigkeit. Abstraktes Bild.

Über die Bilder, die ich mag, habe ich wenig zu sagen, weil sie „fertig“ sind; ich habe an ihnen nichts auszusetzen. Interessant an einem Werk, dass sich Ungerechtigkeit titelt, ist wie stark und fröhlich seine Erscheinung ist. Es wirkt recht unverblümt, besonders im unteren Teil. Im oberen Abschnitt sind Unruhe und Konfusion zu erkennen, die mir weniger zusagen, aber meinem Empfinden nach durch die Klarheit in den unteren zwei Dritteln des Bildes ausbalanciert werden und nicht übermächtig sind. Vielmehr tanzt die Konfusion auf der Stärke, beide in ihrer richtigen Proportion und ohne einander zu schaden.

Familie

Familie. Abstraktes Bild.

Dieses Bild habe ich mit dem Thema Familie benannt. Es ist großflächig und bunt, und steht für Glücklichsein, Sicherheit und Harmonie. Ich mag die Farben und der gelbe Klecks sieht ein bisschen aus wie ein Komet, der durchs All fliegt.

Verwandte

Verwandte

Verwandte besitzt ähnliche Farben wie Familie. Indem ich die Farbe mit den Fingern verwischte, kam es zu dem Streifeneffekt. Das Bild hätte ohne die merkwürdigen „Grasbüschel“, die ich am Ende hinzugefügte, vielleicht besser ausgesehen; dafür ist es so wie es ist individuell. Dieses Werk hat mehr Dissonanzen als Familie. Ich empfinde es nicht als vollkommen abgeschlossen. Etwas daran ist mir unheimlich.

Alles & nichts

Alles und nichts - abstraktes Bild

Es ist interessant, wie sehr mir dieses Bild gefällt, dafür dass es so viele Brauntöne enthält. Brauntöne sind für mich in der Regel Ausdruck höchster Unzufriedenheit und produzieren beim Malen direkt das Gefühl von Hässlichkeit. Zum einen spricht mich im Nachhinein die einfache Struktur und Technik dieses Bildes an: Die Farben sind nicht furchtbar verwischt und es herrscht Klarheit in Farbe und Struktur, ohne dass das Bild langweilig platt oder flächig aussieht. Dieses Bild ist für mich ein gutes Beispiel dafür, dass es möglich ist bei jeder Betrachtung einen anderen Teil des Bildes aufzunehmen und etwas zu finden, das dem Moment entspricht. Jeder Moment benötigt einen anderen Teil des Bildes. Ich denke, das ist der Grund, warum mir dieses Bild so gut gefällt, ohne dass ich mich je dazu entschlossen habe, dass es mir gefallen sollte. Es ist nicht unbedingt schön, aber es ist vielseitig und in dieser Hinsicht nützlich.

Namenlos

Namenlos. Abstraktes Bild.

Bei diesem Bild habe ich leider keinen Titel vermerkt. Wenn ein Bild einen Namen hat, ist es leichter, sich daran zu erinnern, warum und in welcher Verfassung es gemalt wurde. Namenlos ist dieses Werk wie ein unbeschriebenes Blatt für mich, obwohl ich es selber erschaffen habe. Der Vorteil der Namenlosigkeit ist, dass ich losgelöst von seiner ursprünglichen Bedeutung dieses Bild auf ganz neue Arten interpretieren kann, ohne durch die „eigentliche“ Bedeutung in meiner Phantasie beschränkt zu sein. Weil die vergangene Bedeutung verloren ist, kann dieses Bild nur im Hier und Jetzt existieren. Was es sagt, außer was es in diesem Augenblick sagt, weiß ich nicht. Ein Bild ohne Namen ist ein Bild mit Amnesie; es erfindet sich jeden Tag neu und hat keine Vergangenheit.

Unstimmigkeiten

Abstraktes Bild: Unstimmigkeiten

Unstimmigkeiten steckt voller Widersprüche: Düster, nicht dunkel; bunt, nicht fröhlich; rosa, nicht sanft, streifig und deutlich; klar in Ausführung, nicht in Farbe; stark in Ausstrahlung, gedeckt in Farbe und flächig in Struktur; wild und geordnet; gerichtet und organisch. Ein rauschender Strom verschwimmt im Bildausschnitt. Wäre bloß eine Sekunde festgehalten, wäre das Bild stillstehend erfroren, aber der Strom fließt so schnell und die malerische „Belichtung“ ist so lang, dass Bewegung und Zeit in diesem Bild durch seinen Entstehungsprozess erhalten sind.

Anstrengung

Abstraktes Bild: Anstrengend

Anstrengung nimmt teils familiäre, teils unstimmige Farben auf. Es herrscht mehr Ordnung und Harmonie als im Strom der Unstimmigkeiten. Ich mag die hellen Farben zwischen den knalligen Farben. Das Bild erscheint mir sehr harmonisch, ohne oberflächlich zu sein. Die dunklen Blau- und Petroltöne wiegen die leichte Pastellseite auf. Am besten gefällt mir der Übergang der Farben ineinander. Anstrengung ist ein gutes Beispiel, wie aus Unangenehmen Schönes entstehen kann.

Peinlichkeit

Abstraktes Bild: Peinlichkeit

Explosionen von Peinlichkeit zieren dieses Bild wie Feuerwerke am Himmel. Eine Peinlichkeit ist wie eine Explosion im Gesicht. Der Kopf wird heiß; man fühlt sich sehr präsent; es besteht kein Zweifel daran, dass man am Leben ist, nur lieber wäre man in dem Moment woanders; oder man erfreut sich der Erfahrung der Peinlichkeit, als Beweis vollkommen in einem Moment anwesend zu sein, ohne innerliche Ablenkung und in der Lage „jede Zelle“ seiner Selbst zu spüren. Die Peinlichkeit kann einen auch an alle mögliche andere vergangene Peinlichkeiten erinnern, sodass man sich mit einem Mal wieder ganz jung fühlt, ohne das überhaupt bezweckt haben zu wollen.

Das hässlichste Bild der Welt

Hässlichstes Bild der Welt

Als ich dieses Bild gemalt hatte, fand ich es abgrundtief hässlich und alle Gedanken, die damit zu tun hatten, genauso. Oder ich fand hauptsächlich die Gedanken hässlich und als sie sich auf dem Bild vergegenwärtigten, wurde mir diese Ansicht erst richtig bewusst, weshalb ich dieses Bild noch immer als das hässlichste Bild der Welt in Erinnerung habe. Der zentrale ockerbraune Punkt ist ein Grund dafür – diese Farbe ist für unschöne Zusammenhänge reserviert. Die vielen dunkel-gedeckten Farben sind traurig und gehen mit dem Lila in ein wütendes Rot über. Gleichzeitig ist die Struktur des Bildes von mit Wut in Verbindung stehender Eile und Hektik geprägt. Das Bild vermisst Fröhlichkeit und die silbernen Zacken verleihen dem dahinfliehenden Wahn der Graugrüntöne scharfe Kälte. Interessanterweise finde ich dieses Bild Jahre später viel weniger eklig als zu dem Zeitpunkt seiner Entstehung. Manches Mal war ich überrascht, dass einige Bilder mir unerwarteterweise schön erschienen, und andere mir schon während des Malprozesses mit ihrer Hässlichkeit aufstießen. Wie gut mir die Endprodukte gefielen, hatte nicht immer mit der Wertung eines beim Malen zum Ausdruck gebrachten Gefühls zu tun. In diesem Fall hat mich die von mir empfundene Hässlichkeit überrascht, aber vielleicht war es eher die Resolutheit des Bildes, die mich im ersten Moment schockierte.

Die Welt

Welt

Die Welt zeigt die Erde als bunte Kugel fröhlicher Farben. Hinter ihr treten Sonnenstrahlen hervor. Die Sonne ist heiß und von einem infernoartigen Rot umgeben, das von zackigen metallischen Tönen umrandet wird. Das obere Ende des Bildes sieht gefährlich aus, aber von unten wird die Erde von sanften Pastelltönen und fließenden Formen gestützt. Die grünblauen Strukturen am unteren Bildrand wachsen wie Pflanzen nach oben und stehen mit ihrer beruhigenden Wirkung im Gegensatz zum wüsten Inferno. Ich weiß nicht mehr, was ich dachte, als ich dieses Bild malte, aber mir gefiel die Technik der verschmelzenden Farben auf der „Erde“, genauso wie die Farben selbst und deren Harmonie. Für mich ist das Bild nicht unruhig; es hat eine Struktur und eine Plastizität, die Leben abbilden. Das an Chaos grenzende Inferno ist ein eingedämmter Teil der Natur.

Unfertig

Wild

Dieses Bild heißt Unfertig, weil ich geplant hatte die Farbinseln miteinander zu verbinden, so wie sie es auf einer Seite des Bildes sind. Mich machen die bunten Farben glücklich und es machte mich glücklich, ein Bild zu malen, welches mit hinterher gefiel. Ich finde es schön, wie so viele Farben zusammen existieren können und trotzdem zueinander passen. Im Orchester der Farben wirkt keine von ihnen hässlich. Im Nachhinein gefällt mir auch, dass das Bild sich in die verwischte und die rohe Seite teilt. Tatsächlich gefällt mir die rohe Farbklecksseite jetzt sogar besser, obwohl dort das Weiß des Papiers zwischen den „Inseln“ hervorlugt. Die kleinteilige Arbeit dieses Bildes erforderte Vertiefung und die Farbwahl war bei jedem Griff zu einer neuen Kreide eine Überraschung. Wenn ich denke, ich weiß, welche Farbe ich nehmen werde, nehme ich häufig eine andere. Die Farbwahl ist mein Stimmungsindiz und schwer vorherzusehen. Man kann daraus ein Spiel mit sich selbst machen: zu raten, welche Farbe man nehmen wird, bevor man intuitiv entscheidet. Dabei ist zu bemerken, wie schwer es ist, das eigene Verhalten im Vorhinein zu kennen.

Lebendige Stille

Reise

In diesem Bild verschmelzen die Farben sanft und weich miteinander; sie fließen sozusagen ineinander. Es ist ein stilles Bild, das im Original wohltuend, harmonisch und beruhigend auf mich wirkt, weil die Farben dort weniger kontrastreich als im Foto sind. Die Farben konkurrieren nicht miteinander, sondern gehen ineinander über, als müsse nichts mehr an ihnen geändert werden, weil sie sich in ihrem natürlichen Zustand befinden. Auf Papier wirken die warmen Farben blasser und die Blaus und Grüns plastischer, nicht aber dunkler. Die Struktur des Papiers erscheint in echt ebenfalls weniger dominant. Das Bild verkörpert eine lebendige Stille, Ruhe ohne Starrheit, Erholung, Frieden, Sein ohne Müssen, Raum, Platz, Glück, einen unbeschwerten Atem, Weichheit, Verbindung, Zusammengehörigkeit, Verschmolzenheit.

Kaltes Wasser

Wasser

Ich finde dieses Bild ein bisschen langweilig. Es erinnert mich an Wasser, gemalt habe ich es allerdings mit Gedanken an Menschen. Eine gewisse Spannung, die dieses Bild gut vertragen kann, kommt durch das Weinrot am Rand des Bildes ins Spiel, was den Ozean aus Blau weniger einfältig und stattdessen zum angemessenen Ruhepol macht. Weil dieses Papierformat ungewohnt klein war, war es schwer für mich, mehr auf dem Bild unterzubringen, aber man kann sehen, dass es sich anders weiterentwickelt hätte, wäre mehr Platz außen gewesen. Das Bild wäre dann interessanter geworden. Manchmal beginnt ein Bild auf eine Art, die am Ende des Prozesses das Bild nicht mehr bestimmt – ich denke, das wäre passiert. Das Dunkelrot hätte das Blau aufgepeppt und seine Vorzüge hervorgehoben. Durch die Dunkelheit des Rots wären Blau und Grün natürlicher verbunden worden. Das Grün im Blau wirkt kalt. In diesem Ausschnitt, ohne dass das Bild weiterentwickelt werden konnte, sehe ich nur abweisendes kaltes Wasser. Aber ich halte an der Vorstellung fest, dass bei Erweiterung des Ausschnitts eine Wärme entstanden wäre, die Sinn aus der Kälte gemacht hätte. Bei dieser Betrachtung bleibt das Bild hinter seinem Potenzial zurück. Je mehr Platz auf dem Papier, desto mehr kann entstehen. Je kleiner das Format, desto übersichtlicher das Projekt.

Unterschrift: Hannah

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